„Bergdoktor“-Star Ronja Forcher: Warum das Drama meines Lebens nicht mehr wehtut
In ihrem Buch „Für immer an meiner Seite. Eine besondere Freundschaft und der Weg zu mir selbst“ (Knaur, 21 Euro, ab 3. März) erinnert sich Ronja Forcher (28) an ihre beste Freundin Sarah († 13)
Wir sehen auf den Fotos zwei kleine aufgeweckte Mädchen, Ronja und Sarah, 5 und 6 Jahre alt. Sie sind allerbeste Freundinnen quasi von Geburt an und wachsen wie Geschwister in der ländlichen Idylle Österreichs (nahe Innsbruck) auf.
Ronja, links im Bild, ist kernig-kräftig, hat volles Haar und spielt seit 2008 in der erfolgreichen ZDF-Serie „Der Bergdoktor“ Lilly Gruber, die Tochter von Bergdoktor-Star Hans Sigl. Sarah, die zarte Maus daneben, ist zierlich, hat keine Haare, dünne, durchscheinende Haut und ein hageres Gesicht mit klugen, wachen Augen. Sie kam mit einer seltenen Krankheit zur Welt und starb im Alter von 13 Jahren, nur wenige Wochen nach Ronjas erstem TV-Auftritt.
Die ZDF-„Bergdoktor“-Familie begeistert Millionen Fans: Monika Baumgartner (73), Ronja Forcher, Hans Sigl (55) und Heiko Ruprecht (52, v. l.)
ZDF-Star und Freundin waren unzertrennlich
Der Todestag von Sarah, es ist der 21. Juli 2008, prägt Ronja Forcher bis heute. „Als meine Eltern mir sagten, Sarah ist tot, veränderten diese drei Worte alles in meinem Leben. Nichts mehr war wie davor. An diesem Tag endete meine Kindheit“, erinnert sich die Schauspielerin im Gespräch mit BILD.
Sie lächelt. „Sarah war immer da, seit ich denken konnte. Wir waren so unzertrennlich ineinander verwoben, dass ich als Kind mehr Zeit mit ihr verbrachte als ohne sie. Ihre Mama war meine und meine war ihre. Sarah und ich waren zwei Teile eines großen Ganzen. Schwestern im Herzen. Was Sarah cool fand, fand ich auch cool. Sie war für mich mein größtes Vorbild überhaupt. Wir waren Sarah und Ronja, und zusammen fühlten wir uns unbesiegbar.“
Beste Freundinnen über den Tod hinaus: Ronja Forcher und Sarah
Das Schöne bei Kindern, Ronja und Sarah lachen auf sämtlichen Kinderfotos, wirken glücklich und genießen den Moment, obwohl die Mädchen von klein auf wissen, dass ihre enge Bindung nur ein paar Jahre dauern darf. Sarah litt an der seltenen genetisch bedingten Krankheit Progerie. Ein Fehler im Erbgut, die betroffenen Kinder altern wie im Zeitraffertempo, was zu einem vorschnellen Verfall des Körpers und zu einem frühen Tod führt. „Zurzeit haben etwa 100 Kinder auf der Welt diese Krankheit, 11 davon leben in Europa“, weiß Ronja. „Sarahs Eltern bekamen die Diagnose, als sie ein Jahr alt war. Man kann nichts dagegen tun. Keines der betroffenen Kinder wird älter als 14, 15 Jahre. Eines wurde mal 18.“
„Ich habe sie kein einziges Mal weinen sehen“
Sarah stirbt letztlich an einem Herzinfarkt, zuvor schon hat sie Hüftprobleme, kann nicht mehr allein laufen. Die Mädchen halten dennoch zusammen. „Ich habe Sarah getragen oder im Kinderwagen geschoben“, erzählt Ronja, ihre Augen blitzen, wenn sie daran denkt. „Wir konnten selbst noch zusammen lachen, als Sarahs Ende immer näher kam. Ich habe sie kein einziges Mal vor mir weinen sehen. Nicht mal, wenn sie von anderen Kindern aufgrund ihres Aussehens gehänselt oder ausgelacht wurde. Sie war so stark und mutig, das bewundere ich bis heute. Sarah war perfekt darin, mich zu beschützen, obwohl ich gesund war und sie nicht.“
Sarah, Ronja Forchers beste Freundin, starb im Alter von nur 13 Jahren. Durch ihre Progerie-Erkrankung alterte sie im Zeitraffertempo
Buch ist Liebeserklärung an ihre beste Freundin
Es ist das erste Mal, dass Ronja Forcher öffentlich über ihre Freundin redet. Mehr noch. Die Schauspielerin hat ein Buch über Sarah geschrieben: „Für immer an meiner Seite. Eine besondere Freundschaft und der Weg zu mir selbst“ (Knaur, 21 Euro, erscheint am 3. März).
BILD hat es gelesen, jede Seite ist eine einzige Liebeserklärung von Ronja an Sarah. Es ist kein trauriges Buch, auch wenn Sarahs Schicksal einen zutiefst berührt. Man schmunzelt und freut sich darüber, wie herrlich normal Kinder damit umgehen, wenn jemand nicht der (scheinbaren) Norm entspricht; Sarah und Ronja besuchten einen Inklusions-Kindergarten.
Das Buch von Ronja Forcher erscheint am Montag, 3. März
„Ich wurde unausstehlich für jeden“
Ronjas Buch zeigt auch, wie schwer es ihr fiel, nach Sarahs Tod ihren eigenen Weg zu finden. „Ich hatte mich selbst verloren, wurde unausstehlich für jeden um mich herum. Ich war ein schlimmer Teenager, flüchtete mich in Partys, feierte und trank viel zu viel“, sagt sie.
„Ich wollte, dass mein Umfeld meinen Schmerz und meine Trauer wahrnimmt. Gleichzeitig habe ich alle von mir weggestoßen. Auch meine Eltern und Sarahs Mutter. Mein Herz tat so weh. Ich war wütend auf alles und empfand es als unfair, dass ein so wunderbarer Mensch wie Sarah sterben muss. Gleichzeitig warf ich mir vor, in Sarahs letzten Stunden nicht bei ihr gewesen zu sein.“
Seit 17 Jahren ist Ronja alias Lilly Gruber einer der Stars der ZDF-Erfolgsserie „Der Bergdoktor“
Als 16-Jährige zieht Ronja aus ihrem behüteten liebevollen Zuhause aus, in die Wohnung ihrer Oma, drei Stockwerke über den Eltern und dem jüngeren Bruder. Ihr einziger Halt, „meine Zuflucht“, seien damals die Dreharbeiten für den „Bergdoktor“ gewesen.
Ihr Mann bringt sie täglich zum Lachen
Vier Jahre später verliebt sie sich in den Schauspieler Felix Briegel (28), ihren heutigen Ehemann (seit 2017 verheiratet). Diese Liebe ließ Ronjas Herz und Seele heilen. „Felix hat einen ähnlichen Humor wie Sarah. Ich glaube, das ist einer der Gründe, weshalb ich mich in ihn verliebte. Nach Sarahs Tod ist er der Einzige, der mich jeden Tag zum Lachen bringt“, sagt Ronja. „Gleichzeitig reifte in mir das Bewusstsein, dass ich etwas aus meinem Leben machen möchte. Sarah zuliebe, das hätte sie so gewollt. Seitdem arbeite ich sehr intensiv an mir, Sarah und mir gerecht zu werden.“
Als BILD fragt, ob sie, sollte sie einmal eine Tochter haben, dem Kind den Namen Sarah geben würde, überlegt Ronja Forcher kurz. „Ich weiß es nicht, ob ich möchte, dass es eine zweite Sarah in meinem Leben gibt.“
Der Podcast von BILD-Vize Tanja May (51, l.) erscheint jeden Sonntag